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        Die Einladung zur Vernissage der aktuellen Ausstellung
        der Galerie am Wasserturm zeigt keine Abbildungen ausgestell- ter Werke, sondern ein Foto beider
        Künstlerinnen, sitzend auf den Stufen des Eingangs zur
        Keramikwerkstatt der Halle- schen Burg Giebichenstein,
        heute Hochschule für Kunst und Design. 
        Diese Stufen sind der Beginn zweier künstlerischer
        Entwicklungen, deren - oberflächlich gesehen - einzige
        Verbindung das Material Ton und dessen Brennvorgang ist,
        deren eigentliche Gemeinsamkeit aber viel tiefer liegt.
        Sie besteht im Zwang, den Zusammenhang zwischen farbig
        akzentuierter Oberfläche und plastischer Form zu
        erspüren und mit hoher Perfektion zu beherrschen.   
           
          Bei Gertraud Möhwald
        ist es die menschliche Figur, gebaut aus Schamotteton,
        schrundig, erdig in der Oberflächen- struktur - im
        Gegensatz zu eingelegten, farbig glasierten Scherben oder
        neuerdings auch aufgeklebten farbigen Papieren. Die
        menschliche Figur, vor allem der Kopf ist Möhwalds
        Sujet, an dem sie auf fast dramatische Weise die Spannung
        zwischen Plastik und Farbakzenten anstrebt. 
           
        Völlig anders in der
        Erscheinung - und dennoch vom gleichen Willen beseelt -
        versieht Heidi Manthey gegebene oder selbst
        entwickelte Gefäße oder figürliche Wesen mit einer
        Unterglasur-Malerei, die einzig der Vollendung der Form
        dient. Sie macht sich Gegenstände zu eigen, erlebt deren
        plastische Form, indem sie mit ihrer Malerei dagegen
        angeht oder sie mit Lust auf Perfektion vollendet. 
         
        Gemeinsam ist beiden
        Künstlerinnen die Figur, als Dekor bei Heidi Manthey,
        als Plastik bei Gertraud Möhwald. Die Ver- teilung von
        Gewichten im Streben nach Harmonie, als Balance zwischen
        Plastik und Dekor, prägt sowohl die Figuren Gertraud
        Möhwalds als auch die bemalten Gefäße oder
        figürlichen Wesen von Heidi Manthey. 
         
        Der 70. Geburtstag beider
        Künstlerinnen in diesem Jahr wird angesichts der
        Ausstellung in der Galerie am Wasserturm schnell zum nur
        äußeren Anlass. Das Erleben gleich gearteter
        künstlerischer Intentionen in völlig unterschiedlichen Er-
          scheinungsformen bietet die Ausstellung. Hier werden
        erstmals Werke der beiden Künstlerinnen miteinander
        verwoben gezeigt. Die Ausstellung ist damit nicht zuletzt
        auch als Reminiszenz an Gestaltungsgrundsätze angelegt,
        wie sie in den fünfziger Jahren an der Burg
        Giebichenstein lebendig waren - als beide eine Phase der
        künstlerischen Ausbildung dort absolvierten -, auf deren
        Stufen sitzend das Foto sie beide zeigt.
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